Viel Algenaufwuchs im Aquarium ist gut und wichtig.

Herzlich willkommen zu unserer heutigen Gesprächsrunde zum Thema: „Viel Algenaufwuchs im Aquarium ist gut und wichtig.” Zwei ausgewiesene Aquaristik-Experten – Sebastian Perlwasser und Nina Flossentanz – werden gleich ihre Ansichten und Überlegungen dazu teilen. Lassen Sie uns gemeinsam in die faszinierende Welt der Algen und Aquarien eintauchen.


Sebastian Perlwasser erläutert den Sachverhalt

Moderator: Sebastian, könnten Sie bitte zunächst eine Übersicht über das Thema Algen im Aquarium geben und wichtige Aspekte erläutern?

Sebastian Perlwasser: Sehr gerne. Algen werden in der Aquaristik oft als Problem wahrgenommen, weil sie unschön aussehen können und unter Umständen das biologische Gleichgewicht stören. Allerdings sind Algen nicht per se schlecht. Sie sind Teil einer natürlichen Nahrungskette und können sogar dazu beitragen, Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat aus dem Wasser zu filtern. Algen dienen zudem als Futterquelle für viele Garnelen, Schnecken und einige Fischarten. Aus diesem Grund befürworten viele Aquaristik-Enthusiasten eine gewisse Menge an Algenbewuchs, um ein gesundes Mikrosystem zu unterstützen.

Ein Aquarium ohne jegliche Algen wäre theoretisch zwar möglich, ist aber in der Praxis sehr schwer zu realisieren. Und selbst wenn man es schafft, droht bei kleinsten Veränderungen – etwa Schwankungen in Beleuchtung, Düngung oder Fütterung – ein plötzliches Ungleichgewicht, das dann zu massiven Algenplagen führen kann. Kontinuierlicher, aber kontrollierter Algenaufwuchs kann also durchaus ein Zeichen dafür sein, dass das Aquarium gut läuft.


Nährstoffhaushalt und Beleuchtung

Moderator: Vielen Dank für diesen Einblick. Sebastian, könntest du noch kurz auf die wesentlichen Faktoren eingehen, die das Algenwachstum regulieren?

Sebastian Perlwasser: Sehr gerne. Die zwei wichtigsten Aspekte für Algenwachstum sind:

  1. Nährstoffe: Algen brauchen wie alle Pflanzen Nitrate, Phosphate und diverse Mikronährstoffe. Sind diese in zu hohen Mengen vorhanden, beschleunigt sich das Algenwachstum.
  2. Beleuchtung: Licht ist essenziell für die Photosynthese. Zu intensive oder zu lange Beleuchtung kann Algenbildung fördern.

Ein guter Aquarienpfleger achtet deshalb darauf, das richtige Gleichgewicht zwischen pflanzlicher Düngung, Tierbesatz, Fütterung und Beleuchtungsdauer zu finden, damit die Algen nicht ausufern, aber dennoch eine gesunde Menge an Algen den natürlichen Kreislauf unterstützt.


Kritische Perspektive von Nina Flossentanz

Moderator: Nina, du hast eine eher kritische Perspektive auf das Thema. Wie siehst du die Aussage: „Viel Algenaufwuchs im Aquarium ist gut und wichtig“?

Nina Flossentanz: Ich würde sagen, es kommt auf das „Wie viel“ an. Prinzipiell stimme ich Sebastian zu, dass Algen ein natürlicher Bestandteil eines gesunden Ökosystems sind. Allerdings sehe ich das Wort „viel“ als problematisch. Starker Algenbefall kann zum einen das ästhetische Bild stören, zum anderen aber auch Hinweise auf ein Ungleichgewicht geben.

Beispielsweise sind einige Algenformen wie Blaualgen (genauer gesagt Cyanobakterien) problematisch, da sie Giftstoffe ins Wasser abgeben und im Extremfall andere Aquarienbewohner schädigen können. Auch Fadenalgen oder Pinselalgen lassen oft auf zu viel Licht oder zu viele Nährstoffe schließen. Manchmal haben diese Algen eine so hohe Wachstumsrate, dass sie den eigentlichen Aquarienpflanzen wertvolle Nährstoffe und Licht wegnehmen. Dadurch können die Pflanzen geschwächt werden, was schließlich den gesamten Kreislauf beeinträchtigt.


Übergang zu den Details

Moderator: Das klingt nach einer Balance, die eingehalten werden sollte. Sebastian, wie würdest du diese Balance beschreiben?

Sebastian Perlwasser: Genau, es geht um das richtige Maß. Ich persönlich mag das Wort „viel“ in diesem Kontext auch nur dann, wenn wir damit meinen, dass ausreichend Algen vorhanden sind, um ein stabiles, natürliches Milieu zu schaffen – und nicht so sehr, dass sie das Becken überwuchern. Man könnte vielleicht treffender sagen, „ein gewisser Algenaufwuchs im Aquarium ist gut und wichtig.“

Wenn wir etwa an Garnelen wie Amano-Garnelen denken: Sie ernähren sich teilweise von Algen und leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Pflege des Beckens. Auch einige Schneckenarten, wie zum Beispiel Rennschnecken, sind äußerst nützlich beim „Abraspeln“ von Algenbelägen an Scheiben und Steinen. Das heißt, ein gewisses Algenangebot ist für diese Tiere geradezu notwendig und sorgt für mehr Artenvielfalt und Stabilität im Aquarium.


Das richtige Gleichgewicht finden

Moderator: Nina, wie kann ein Aquarianer konkret für dieses Gleichgewicht sorgen, wenn Algen ein natürlicher Bestandteil sein sollen, aber nicht überhandnehmen dürfen?

Nina Flossentanz: Da gibt es einige Stellschrauben:

  1. Lichtmanagement: Die Beleuchtungsdauer und -intensität sollten an die Bedürfnisse der Pflanzen und Tiere angepasst sein. Zu viel Licht fördert Algenwachstum, zu wenig Licht schwächt die Pflanzen.
  2. Düngung kontrollieren: Speziell die Zugabe von Phosphat und Nitrat sollte wohlüberlegt erfolgen, da überschüssige Nährstoffe oft ein „Algenfeuerwerk“ auslösen können.
  3. Pflanzenmasse erhöhen: Gesunde, schnellwachsende Aquarienpflanzen konsumieren Nährstoffe und entziehen den Algen die Lebensgrundlage. Das reduziert die Gefahr von unkontrolliertem Algenwachstum.
  4. Ausreichend Reinigung: Ein stabiles Filtermedium und das regelmäßige Absaugen von Mulm helfen, überschüssige Nährstoffe zu entfernen.
  5. Tierische Helfer: Wie Sebastian erwähnt hat, sind Garnelen, Schnecken und bestimmte Fische hervorragende Algenfresser.

So kann man einen Algenbestand halten, ohne dass es zu einer Algenplage kommt. Zu viel Algenbewuchs kann sonst auf Dauer die Wasserwerte und das optische Gesamtbild belasten.


Nachhaltigkeit in der Aquaristik

Moderator: Sebastian, kannst du etwas zur Rolle von Algen in Bezug auf Nachhaltigkeit und das ökologische Bewusstsein in der Aquaristik sagen?

Sebastian Perlwasser: Auf jeden Fall. Wer bewusst Aquaristik betreiben möchte, sollte sich im Klaren sein, dass ein Aquarium immer ein kleines Ökosystem ist. Algen übernehmen darin eine gewisse „Filterfunktion“ und verbrauchen überschüssige Nährstoffe. Gerade in stark besetzten Becken wird oft zu stark gefüttert. Die dadurch erhöhten Werte an Nitrat und Phosphat kurbeln Algenwachstum an. Wer also erkennt, dass Algen teils als Indikator für Ungleichgewichte auftreten, kann früher gegensteuern.

Beispielsweise zeigen manche Aquarienhalter, die Wert auf ökologische Aspekte legen, ein gewisses Verständnis und Toleranz gegenüber Algen – sie sehen sie als lebendigen Teil des Beckens. So erspart man sich vielleicht den übermäßigen Einsatz von Chemikalien oder radikale Sauberkeitsideale, die oft mehr Schaden anrichten als nutzen.


Artenvielfalt und Mikrohabitate

Moderator: Nina, du hast vorhin erwähnt, dass bestimmte Algenarten problematischer sind als andere. Wie spielt das Thema Artenvielfalt hier mit hinein?

Nina Flossentanz: Genau. Algen sind nicht gleich Algen. Es gibt beispielsweise Grünalgen, Fadenalgen, Braunalgen (Diatomeen) oder Blaualgen. Manche sind kaum sichtbar und übernehmen nützliche Aufgaben, andere können das gesamte System kippen.

  • Grünalgen: Oft ein Zeichen für gute Wasserqualität und reichlich Licht. Sie können ästhetisch aussehen und sind eine beliebte Futterquelle.
  • Braunalgen (Diatomeen): Häufig in neu eingerichteten Aquarien oder bei schwachem Licht. Meist gehen sie nach einiger Zeit von selbst zurück.
  • Fadenalgen: Können sehr störend sein, wenn sie zu sehr wuchern. Deuten oft auf zu viel Licht oder Überschuss an Nährstoffen hin.
  • Blaualgen (Cyanobakterien): Diese sind keine klassischen Algen, sondern Bakterien. Sie bilden oft Teppiche und können Toxine absondern, was gefährlich für Fische und Wirbellose werden kann.

Eine gewisse Algenvielfalt ist durchaus normal und wünschenswert, doch sobald bestimmte Sorten überhandnehmen, zeigt das eine Schieflage im Becken an, die man bekämpfen muss. Daher braucht es ein wachsames Auge, damit sich die Algenflora nicht zu stark verschiebt.


Potenzielle Risiken

Moderator: Sebastian, wann würdest du sagen, wird Algenaufwuchs wirklich zu einem Risiko?

Sebastian Perlwasser: Vor allem dann, wenn die Algen massenhaft Konkurrenz für die höheren Pflanzen werden und den Sauerstoffverbrauch im Aquarium steigern. In der Nacht verbrauchen auch Algen Sauerstoff, was je nach Ausmaß zu Sauerstoffknappheit führen kann. Zudem können die rasch wachsenden Algen Pflanzenteile überwuchern oder wichtige Nährstoffe wegnehmen, sodass die Pflanzen verkümmern.

Außerdem können stark wuchernde Algen die Ästhetik so beeinträchtigen, dass man kaum noch Freude an seinem Aquarium hat. Dann wird es zum reinen Kampf „Mensch gegen Alge“. Das kann ich natürlich nicht empfehlen. Deshalb sage ich immer: Eine gewisse Toleranzgrenze gegenüber Algen ist gut, aber wenn man ständig nur noch am Abschrubben der Scheiben ist und die Pflanzen vor lauter Fadenalgen kaum zu erkennen sind, sollte man dringend handeln.


Was tun bei zu starkem Algenwuchs?

Moderator: Nina, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und das Aquarium von Algen überwuchert wird, was wäre dein Rat?

Nina Flossentanz: Zuerst sollte man eine Wasseranalyse machen, um herauszufinden, ob bestimmte Nährstoffwerte aus dem Ruder gelaufen sind. Ein typisches Problem ist Überdüngung – sei es durch die eigentliche Düngung für die Pflanzen oder durch zu viel Futter. Dann würde ich für eine Zeit die Beleuchtung etwas reduzieren oder die Beleuchtungsphasen splitten, um den Algen nicht zu viel Spielraum zu bieten.

Gleichzeitig hilft es oft, den Pflanzenbestand zu erhöhen, damit die Konkurrenz für die Algen gesteigert wird. Schnellwachsende Arten wie Wasserpest, Hornblatt oder Hygrophila ziehen viel Nitrat und Phosphat aus dem Wasser. Auch ein gründliches Absaugen der befallenen Stellen und ein regelmäßiger Wasserwechsel können helfen, das Ungleichgewicht zu beheben. Und zuletzt sollte man bei hartnäckigem Algenbefall eventuell die Auswahl der Fische oder Wirbellosen anpassen. Bestimmte Saugwelse oder Garnelen sind echte Experten bei der Algenbekämpfung.


Fazit: Viel oder genug Algen?

Moderator: Jetzt würde mich noch euer Fazit interessieren. Sebastian, was nimmst du aus dieser Diskussion mit?

Sebastian Perlwasser: Ich bleibe dabei, dass eine gesunde Menge an Algen im Aquarium ein Zeichen für ein gut funktionierendes Ökosystem sein kann. Sie sind natürliche Konkurrenten für unerwünschte Stoffe und liefern Nahrung für zahlreiche Bewohner. So gesehen sind Algen essenziell, sollten aber in Maßen gehalten werden.

Moderator: Nina, dein abschließender Gedanke?

Nina Flossentanz: Ich halte es ebenso für sinnvoll, Algen in gewisser Menge zuzulassen. Allerdings sollte man stets ein wachsames Auge darauf haben, ob sich Algenarten ausbreiten, die problematisch sind. Und man sollte nicht alles, was grün und schleimig ist, für gut und gesund halten. Die Devise heißt: beobachten, steuern und reagieren, wenn sich eine Algenplage anbahnt. Dann profitiert das ganze Aquarium davon.


Schlusswort

Moderator: Vielen Dank an Sebastian Perlwasser und Nina Flossentanz für dieses informative und facettenreiche Gespräch! Es ist offensichtlich, dass Algen ein natürlicher Bestandteil eines jeden Aquariums sind. Ein gewisser Algenaufwuchs zeigt oft Stabilität an und dient verschiedenen Aquarienbewohnern als Futterquelle. Dennoch ist Vorsicht geboten: Algen dürfen nicht ausufern, und problematische Formen können tatsächlich Schaden anrichten.

Wer also ein gesundes, ästhetisches und nachhaltig geführtes Aquarium wünscht, sollte die Balance zwischen Pflanzen, Tieren und Algen wahren. Damit sagen wir danke fürs Zuhören und freuen uns, wenn Sie auch beim nächsten Mal wieder dabei sind!

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